Buchhandelsketten: Service und Beratung 2014

Buchhandelsketten: Service und Beratung 2014

Kaum eine Branche ist durch das Internet so stark unter Druck geraten wie der klassische Buchhandel. Was die Online-Shops an Sortimentsbreite und Rund-um-die-Uhr-Möglichkeiten vorlegen, müssen die stationären Buchhändler mit Einkaufsatmosphäre, Service und Beratung wett machen. Doch gelingt es ihnen auch? Die ÖGVS – Gesellschaft für Verbraucherstudien hat nun in Kooperation mit dem Magazin WOMAN in den Filialen von sechs großen Buchhandelsketten die Probe aufs Exempel gemacht.
Folgende Anbieter wurden in die Tests eingeschlossen:

  • Frick
  • Libro
  • Morawa
  • Thalia
  • Tyrolia
  • Weltbild

Das Testurteil setzt sich aus den Leistungen der Buchhandelsketten in insgesamt vier  Haupttestkategorien zusammen, die mit unterschiedlicher Gewichtung in die Gesamtwertung eingingen:
1. Erscheinungsbild: Machen Buchhandlung und Mitarbeiter einen gepflegten Eindruck? Wirkt die Buchhandlung einladend und freundlich? (20% des Gesamtwerts)
2. Service: Wurden die Testkunden freundlich und zuvorkommend behandelt? Welche Service-Elemente wurden den Kunden geboten? (20% des Gesamtwerts)
3. Beratung: Erfolgte eine kompetente Beratung? (40% des Gesamtwerts)
4. Angebotsbreite: Wie umfangreich war das Angebot vorrätiger Bücher? Gab es außer Büchern auch andere Artikel? (20% des Gesamtwerts)

Jeder Anbieter wurde insgesamt sechs Mal mit verschiedenen Kundenwünschen getestet. Speziell qualifizierte, verdeckte Tester besuchten dazu im Rahmen von Mystery Checks Buchhandlungen in unterschiedlichen Städten im Land und füllten anschließend einen Fragebogen mit insgesamt je 68 Fragen aus.

Leseecken nicht immer vorhanden

Der erste Eindruck beim Betreten vieler Filialen war zwiespältig: Zwar wirkten die Buchläden stets sauber und aufgeräumt, und auch die Präsentation der Bücher war meist ansprechend und übersichtlich gestaltet. In knapp einem Drittel der untersuchten Filialen fehlten jedoch Lesebereiche mit Sitzgelegenheiten, was das Schmökern in ausgewählten Büchern zwangsläufig zu einer stehenden und somit nicht gerade komfortablen Angelegenheit macht. Noch begrenzter ist es um die erweiterten Service-Elemente bestellt: Der Zugriff auf kalte oder warme Getränke beispielsweise, ob nun bezahlt oder unbezahlt, war nur in einigen Ausnahmefällen gegeben. Ebenfalls in der Minderheit: Spielecken für Kinder. In nur 40% der Testfälle bestand die Möglichkeit, sich selbst ein wenig Zeit für die Buchauswahl zu nehmen, während der Nachwuchs in Sichtnähe auf seine Kosten kommt.

Fazit: Wer schon vorher genau weiß, was er will, ist sicherlich bei allen Anbietern gut aufgehoben. Wer aber in aller Ruhe in die Welt der Bücher abtauchen möchte, um sich für den Buchkauf inspirieren zu lassen, der hat in vielen Fällen bzw. Filialen das Nachsehen.
Das beste Erscheinungsbild wurde Thalia zugeschrieben, gefolgt von Frick und Tyrolia.

Beratungskompetenz vereinzelt mit starken Defiziten

Auch die Mitarbeiter in den Filialen konnten nicht auf breiter Front überzeugen. In einem Viertel der Fälle warteten die Tester vergeblich auf eine Begrüßung; der Zeitraum, bis sie vom Verkäufer auf ihr Anliegen angesprochen wurden, betrug häufig mehr als drei Minuten. Zwar nahmen sich die Mitarbeiter in der Folge genügend Zeit für den Kunden, führten auch zu den entsprechenden Bücherregalen – und doch hatten die Tester nicht selten den Eindruck, dass man nicht wirklich an ihrem Anliegen interessiert war. Erschwerend kam hinzu, dass auch die Auskunftsfähigkeit von so manchem Verkäufer recht enge Grenzen aufwies.

Auf die Frage der Tester hin, was man ihnen als eingefleischten Wolf Haas-Fans denn an artverwandten Büchern empfehlen könne, stellte sich heraus, dass dieser Name jedem zehnten Mitarbeiter kein Begriff war – was bei Beschäftigten der Buchbranche nur schwer nachvollziehbar ist. Immerhin versuchte rund ein Drittel der Ahnungslosen durch gezieltes Nachfragen weiterzuhelfen.

Selbst von den Mitarbeitern, denen Haas durchaus ein Begriff war, erwiesen sich nicht alle als belesen genug, eine adäquate Empfehlung zu geben. Joy Fielding oder Sebastian Fitzek beispielsweise, zwei Autoren, die tatsächlich genannt wurden, haben dann doch mit Haas nicht mehr gemein, als dass sie auch Bücher schreiben. Insgesamt hatten die Tester in 20 Prozent aller Testfälle den Eindruck, dass die Kompetenz der sie beratenden Mitarbeiter nicht unwesentliche Defizite aufwies. Die beste Beratung im Test bot Weltbild. Frick und Morawa erzielten Platz zwei und drei.

Einpack-Service keine Selbstverständlichkeit

Zurück zum Service: Immerhin in neun von zehn Fällen war es möglich, sich – kostenlos – für  ein noch nicht erschienenes Buch vormerken zu lassen. Zwar wurde auch gleich das korrekte Erscheinungsdatum genannt – was das Buch dann aber kosten wird, wurde in weniger als einem Drittel der Fälle erwähnt. Ärgerlich, aber verzeihlich. Dass aber in rund einem Viertel der Testfälle die Frage des Kunden, ob ein erworbenes Buch denn auch als Geschenk eingepackt werden könne, abschlägig beschieden wurde, zeugt dann doch von einer nur mäßigen Ausprägung des Service-Gedankens.

Als führend beim Service wurde Thalia gewertet, gefolgt von Frick und Morawa auf den Plätzen zwei und drei.

Abschließend untersuchten die Tester noch die Angebotsbreite der Buchhandlungen. Hierzu wurde ein Genre-übergreifendes Portfolio konkreter Titel definiert und die Verfügbarkeit in den Häusern erfragt. Ergebnis: Populäre Belletristik wie die Romane „Untreue“ von Paolo Coelho oder „Kinder der Freiheit“ von Ken Follett waren immerhin in neun von zehn Geschäften vorrätig, ebenso das Kinderbuch „Der kleine Drache Kokosnuss und die Reise zum Nordpol“ von Ingo Siegner. Bei bestimmten Sachbüchern (Birgit Schwarz: „Auf Befehl des Führers – Hitler und der NS-Kunstraub“) oder Kochbüchern (Tim Mälzer: „Heimat: Kochbuch“) hingegen fiel die Suche in der Hälfte der Buchhandlungen erfolglos aus.

Den ersten Platz in der Kategorie Angebotsbreite konnte sich Frick sichern, vor Thalia und Morawa.

Frick Gesamtsieger der Studie, gefolgt von Thalia und Morawa

Frick konnte mit der besten Angebotsbreite und soliden Leistungen in den anderen Kategorien überzeugen und wurde Testsieger mit der Note 1,7 („gut“), gefolgt von Thalia (Note 1,8, „gut“) und Morawa (Note 1,9,  „gut“). Thalia punktete dabei mit den besten Bewertungen hinsichtlich Erscheinungsbild und Service. Morawa wies gute Leistungen in den Kategorien Service, Beratung und Angebotsbreite auf.

Die ausführlichen Ergebnisse des Tests sind gegen eine Schutzgebühr von 1.250 EUR zzgl. USt. bei der ÖGVS (info@qualitaetstest.at) erhältlich.