Immobilienfinanzierung Filialbanken 2023: Test von Service, Beratung und Transparenz
Die Immobilienpreise in Österreich sind aktuell stark in Bewegung. Während die Kurve in vielen Regionen weiter steil nach oben zeigt, scheinen die Angebotspreise in anderen Gebieten deutlich zu fallen. Manch ein Experte spricht schon von einer Trendwende am österreichischen Immobilienmarkt. Wer dem glaubt und nun eine Chance wittert, den Kauf aber nicht komplett aus eigener Tasche stemmen kann, kommt in Anbetracht der deutlich gestiegenen Bauzinsen meist nicht um eine Beratung zum Thema Immobilienfinanzierung herum. Lohnt sich ein Invest noch oder besser gesagt: schon wieder? Wo genau man die beste und transparenteste Beratung bekommt, hat die ÖGVS – Gesellschaft für Verbraucherstudien nun wiederholt in Kooperation mit dem Magazin trend untersucht. Im Mittelpunkt der Studie stand die Immobilienfinanzierung in sieben überregionalen und drei regional in Wien ansässigen Banken.
Folgende Banken wurden in die Tests eingeschlossen:
Überregionale Filialbanken:
- bank99
- Bank Austria
- Bawag P.S.K.
- BKS Bank
- Erste Bank
- Oberbank
- Sparda-Bank
Regionale Banken:
- Hypo NOE Landesbank
- Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien
- Volksbank Wien
Das Testurteil setzt sich aus den Leistungen der Banken in den folgenden drei Haupttestkategorien zusammen, die mit unterschiedlicher Gewichtung in die Gesamtwertung eingingen:
- Service: Machte die Bankfiliale einen sauberen und gepflegten Eindruck? Wurden die Tester:innen freundlich und zuvorkommend behandelt? (30% des Gesamtwertes)
- Beratung: Erfolgte eine umfassende Analyse der Situation der Tester:innen und eine kompetente Beratung mit passender Produktempfehlung? (40% des Gesamtwertes)
- Transparenz: Wurden die Finanzierungsangebote angemessen dokumentiert und waren die Kosten der empfohlenen Produkte transparent dargestellt? (30% des Gesamtwertes)
Die Leistungen der Banken wurden mit der Methodik Mystery Check bewertet. Die Tests fanden in den drei größten Städten Österreichs (Wien, Graz und Linz) statt. Jede Bank wurde pro Stadt drei Mal getestet. Dabei wurden sowohl überregional tätige Banken als auch regionale Banken untersucht. Speziell qualifizierte, verdeckte Testpersonen ließen sich zu einem vorgegebenen Szenario zu einer Immobilienfinanzierung beraten und füllten anschließend einen Fragebogen mit insgesamt 54 Fragen aus. Zusätzlich wurden die Passung der Finanzierungsangebote zu den Bedürfnissen der Tester:innen sowie die Transparenz der ausgehändigten Unterlagen beurteilt.
Sehr gutes Service bei fast allen getesteten Banken
Der erste Eindruck beim Betreten der Banken war überwiegend positiv: Die Filialen waren überall sauber und ansprechend, die Mitarbeiter:innen traten angemessen auf. Auch Wartebereiche waren in den meisten Filialen vorhanden, in dreiviertel der Fälle sogar mit Zeitschriften oder einem Nachrichtenprogramm im TV zur Verkürzung der Wartezeit.
Die Mitarbeiter:innen erwiesen sich in allen Beratungsgesprächen als durchaus freundlich und aufmerksam. Die Wartezeit, gerechnet ab dem Zeitpunkt des vereinbarten Termins, betrug immer weniger als 5 Minuten. Und auch die Diskretion bei der Beratung zur Finanzierung einer Eigentumswohnung im Wert von 300.000 Euro konnte überzeugen. Das beste Service bei der Beratung zur Immobilienfinanzierung erlebten die Tester:innen im Vergleich der überregionalen Banken bei der Ersten Bank.
Bedarfsanalyse teilweise unvollständig, Transparenz bei einigen Banken mit Mängeln
Die Qualität der Beratung zeigte allerdings bei mehreren Banken deutliche Defizite: So wies schon die Ermittlung der persönlichen und finanziellen Situation der Tester:innen häufig Lücken auf. Konkret fragten z.B. nur weniger als ein Drittel der Berater:innen ausführlich nach notwendigen Investitionen im Rahmen des Neubezugs der zu finanzierenden Eigentumswohnung wie z.B. Ausgaben für zusätzliche Möbel, Küche oder ein Umzugsunternehmen. Die Erfassung solcher Zusatzkosten durch die Berater:innen ist jedoch essentiell, da viele Käufer:innen erst einmal nur den Kaufpreis der neuen Immobilie bedenken und Zusatzkosten vergessen oder unterschätzen. Dies kann nach Aufnahme des Kredits mit einer monatlichen Rate am Limit der finanziellen Möglichkeiten jedoch schnell zu Problemen führen. Und auch über die finanzielle Situation hinaus fassten viele Berater:innen die Bedarfsanalyse zu kurz: Des Öfteren unterblieben Fragen zum Bedarf einer Restschuldversicherung oder der Bildung einer Instandhaltungsrücklage, um gegebenenfalls für Reparaturen aufzukommen.
Entsprechend passten die Empfehlungen von Kreditrate und Gesamtsumme nicht immer zum Bedarf der Tester:innen: 5% der Berater setzten den aufzunehmenden Kreditbetrag zu niedrig an und berücksichtigten nicht alle anfallenden Zusatzkosten beim Wohnungskauf. Deutlich mehr, ganze 24% der Bankberater:innen, setzten den Kreditbetrag hingegen zu hoch an, wobei dies nicht immer nur an mangelnder Bedarfsanalyse gelegen haben dürfte, sondern eher am Interesse der Mitarbeiter:innen, so viel wie möglich mit dem Kredit zu verdienen. Denn schließlich bedeutet eine höhere Kreditsumme mehr Zinseinnahmen für die Bank. Es sei daher empfohlen, beim Kauf einer Immobilie mehrere Angebote einzuholen, den benötigten Betrag auch einmal selbst durchzurechnen und sich nicht blind auf die Empfehlungen der Bankberater:innen zu verlassen.
Zu weiten Teilen positiv konnte zumindest der Umfang der grundlegenden Erklärungen beurteilt werden. Die Bankberater:innen erstellten zwar nur in 67% aller Fälle ein konkretes Angebot, erläuterten dafür aber meist die beim Wohnungskauf anfallenden Kosten wie Maklerprovision, Grundbucheintrag oder Notarkosten. Nicht immer wurde bei der Erklärung der Finanzierungsangebote jedoch auch explizit auf den Effektivzins hingewiesen, dessen Berechnung gesetzlich vorgeschrieben ist und der zur besseren Vergleichbarkeit mehrerer Angebote auch eine feste Zahl an weiteren Gebühren beinhaltet. Details zum Ablauf, z.B. welche Unterlagen für eine endgültige Bewilligung einzureichen sind, gaben die Mitarbeiter:innen wiederum fast immer von sich aus. Die beste Beratung im Vergleich der überregionalen Banken bot die Erste Bank.
Verbesserungspotential bestand auch auf Seiten der Transparenz: So erhielten die Tester:innen nur in zwei Drittel der Fälle überhaupt ein schriftliches Kreditangebot in Papierform mit nach Hause. Zudem wurde zwar mündlich meist über Nebenkosten wie Bearbeitungsgebühren oder Kontoführungsgebühren informiert, allerdings enthielten die Angebote nicht immer alle notwendigen Angaben. Konkret fehlte in fast 95% der unverbindlichen Angebote das Europäische standardisierte Merkblatt, das alle für den/die Käufer:in wichtigen Kosten und Bedingungen der Immobilienfinanzierung übersichtlich zusammenfasst. Auch enthielten nicht alle Angebote Angaben zur Höhe des Effektivzinssatzes oder zur Dauer der Zinsbindung. Die transparentesten Beratungen und Unterlagen im Test zeigte unter den überregional tätigen Banken die Erste Bank.
Erste Bank Testsieger der nationalen Gesamtwertung, gefolgt von Bank Austria und bank99
Die Erste Bank erfüllte die gesetzten Kriterien insgesamt am besten und wurde Testsieger, gefolgt von der Bank Austria und der bank99. Die Erste Bank überzeugte als überregionaler Testsieger mit dem besten Service, bester Beratung und der höchsten Transparenz. Die Bank Austria punktete mit einer ausführlichen Bedarfsanalyse. Und die bank99 zeigte als Drittplatzierte TOP-Werte in der Beratung und Transparenz.
Regionale Testsieger der Service- und Beratungsqualität in Wien
Eine regionale Auswertung der Wiener Filialen ergab folgende Platzierungen:
1. Platz: Erste Bank
2. Platz: bank99
3. Platz: Volksbank Wien
Ergebnisse einzelne Teilkategorien
Die Ergebnisse der einzelnen Testkategorien des Tests finden Sie hier. Es werden jeweils die Top-3 Anbieter in der jeweiligen Testkategorie aufgezeigt.
Service
Anbieter | Zielerreichung | Info | |
---|---|---|---|
1 | Erste Bank | 97,0% | 1,2 | Sehr Gut |
2 | Oberbank | 96,6% | 1,2 | Sehr Gut |
3 | Sparda Bank | 96,1% | 1,3 | Sehr Gut |
Beratung
Anbieter | Zielerreichung | Info | |
---|---|---|---|
1 | Erste Bank | 94,7% | 1,4 | Sehr Gut |
2 | Bank Austria | 84,2% | 2,1 | Gut |
3 | bank99 | 83,6% | 2,1 | Gut |
Transparenz
Anbieter | Zielerreichung | Info | |
---|---|---|---|
1 | Erste Bank | 80,3% | 2,3 | Gut |
2 | Sparda Bank | 79,9% | 2,3 | Gut |
3 | bank99 | 70,1% | 3,0 | Befriedigend |